20130620

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Und wer eine Stunde Wegs ohne Mitgefühl wandert, der wandert
     zu seinem eignen Begräbnis, gehüllt in sein Leichentuch,
Und ich oder du, ohne einen Heller in der Tasche, können das
     Beste der Erde kaufen,

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aus: W. Whitman - Grashalme, Gesang von mir selbst, No. 48
Blendend und furchtbar, wie jählings würde der Sonnenaufgang mich töten,
Könnt ich nicht jetzt und immerdar aus mir selber Sonnenaufgang entsenden.
Auch wir gehn blendend und furchtbar auf wie die Sonne,
Wir fanden uns selber, o meine Seele, in der Stille und Kühle der Morgendämmerung.

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aus: W. Whitman - Grashalme, Gesang von mir selbst, No. 25

20130521

Im Schatten des Tempels sahen mein Freund und ich einen blinden Mann einsam sitzen. Und mein Freund sagte: "Schau her, das ist der weiseste Mann unseres Landes."
Da ließ ich meinen Freund zurück, näherte mich dem blinden Mann und grüßte ihn. Und wir unterhielten uns.
Nach einer Weile sagte ich: "Verzeiht meine Frage, aber seit wann seid Ihr blind?"
"Seit meiner Geburt", antwortete er.
Ich sagte: "Und welchem Pfad der Weisheit folgt Ihr?"
Er sagte: "Ich bin Astronom."
Dann legte er sich die Hand auf die Brust und sagte: "Ich beobachte all diese Sonnen und Monde und Sterne."

aus: K. Gibran - Der Narr



20130515

Doch als er den Hügel hinabstieg, überkam ihn eine Traurigkeit und er dachte in seinem Herzen:
Wie soll ich in Frieden gehen und ohne Trauer?
Nein, nicht ohne eine Wunde im Geist werde ich diese Stadt verlassen.
Lang waren die Tage des Schmerzes, die ich innerhalb dieser Mauern verbracht habe, und lang waren die Nächte der Einsamkeit. Und wer kann seinen Schmerz und seine Einsamkeit ohne Bedauern hinter sich lassen?
Zu viele Splitter des Geistes habe ich in diesen Straßen verstreut, und der Kinder meiner Sehnsucht sind es zu viele, die nackt durch diese Hügel laufen, und ich kann sie nicht zurücklassen, ohne die Last zu empfinden und den Schmerz.
Es ist kein Gewand, das ich heute ablege, sondern es ist eine Haut, die ich mir mit eigener Hand vom Leib reiße.
Und es ist auch kein Gedanke, den ich hinter mir lasse, sondern ein Herz so süß von Hunger und Durst.
Aber ich darf nicht länger verweilen.
Das Meer, das seinen Tribut fordert, ruft auch nach mir, und ich muss an Bord.
Denn bleiben, wenn auch die Stunden in der Nacht brennen, hieße erstarren und zu Kristall werden und in eine Gußform gefesselt zu sein.
Gerne würde ich mitnehmen alles, was hier ist. Aber wie sollte ich?
Eine Stimme kann die Zunge und die Lippen nicht mehr tragen, die ihr Flügel verliehen. Den Äther suchen muss sie allein.
Allein auch und ohne sein Nest soll der Adler fliegen zur Sonne.

aus: K. Gibran - Der Prophet

20130326

What is that feeling when you´re driving away from people and they recede on the plain till you see their specks dispersing? - It´s the too-huge world vaulting us, and it´s good-bye. But we lean forward to the next crazy venture beneath the skies.

J. Kerouac - On The Road